ANTLERS

Satyricon, Wasser und Visionen

Die deutsche Band ANTLERS hat Ende März dieses Jahres ihr zweites Album „Beneath.Below.Behold“ veröffentlicht, welches erwartungsgemäß ein ausgesprochen intensives und ansprechendes Stück Musik geworden ist. Lest hier, was Sänger und Gitarrist Ntx auf unsere neugierigen Fragen geantwortet hat.

Da ich mir nicht sicher bin, wie viele unserer Leser mit ANTLERS vertraut sind, bitte ich dich erst einmal, die Band vorzustellen.

ANTLERS ist eine Band aus Leipzig und besteht aus Mts., M., Pablo und mir. Dieses Line Up ist seit 2013 unverändert geblieben. Wir haben zwei full-length Alben auf den Markt gebracht und seit 2013 mehr als fünfzig Liveshows gespielt. Musikalisch könnte man uns wohl als Black Metal definieren, aber dieser Begriff bedeutet uns nicht allzu viel. Wir versuchen sowohl als Band wie auch als Individuen unseren Horizont stets zu erweitern.

Ihr habt vor nicht allzu langer Zeit euer zweites Werk mit dem Namen „Beneath.Below.Behold“ auf den Markt gebracht. Was bedeutet dieser Albumtitel im Detail?

Er erweckt einen Ort zum Leben, den man nur dadurch erreicht, indem man seinen Träumen und Visionen folgt. Ein großer Teil unserer Lyrics beschäftigt sich ebenfalls mit diesem Ort bzw. werden zumindest davon inspiriert.

Die Songs sind ausgesprochen atmosphärisch und intensiv. Wie würdest du selbst eure Musik beschreiben?

Nun, ich persönlich sehe uns ja nicht als Black Metal Band. Ich denke, wir verarbeiten zu viele andere Elemente in unseren Songs und lassen auch mehr Licht in unser Schaffen einfließen als viele andere Bands in diesem Genre das tun. Wir limitieren uns nicht auf das Negative, auf Hass oder Melancholie. Ich selbst möchte nur Musik schreiben und auch spielen, mit der ich mich identifizieren kann. Das gleiche gilt auch für meine Texte, sie müssen tief aus meinem Innersten kommen. Es ist die Aufgabe anderer Menschen, unserer Arbeit einen bestimmten Stempel aufzudrücken. Ich habe allerdings aus ganz bestimmten Gründen ein massives Problem damit, wenn Musik als „Post“ oder „Neo“ bezeichnet wird. Damit komme ich nicht besonders gut klar.

Stimmst du mir zu, wenn ich behaupte, dass mich das Material von „Beneath. Below.Behold“ mich ein wenig an alte SATYRICON Nummern erinnert?

Oh, vielen Dank für dieses Kompliment. Ich liebe Alben wie „Nemesis Divina“ oder auch „Volcano“. Es gibt eine Menge Musik aus den 90ern, die zu unseren Alltime Favoriten gehört, aber ich habe ehrlich gestanden noch nie darüber nachgedacht, ob es tatsächlich SATYRICON sein könnten, die uns sehr stark beeinflussen.

Ging der Songwriting Prozess schnell von statten oder brauchtet ihr eher länger, bis die Stücke ihre endgültige Form angenommen haben?

Es hat einige Jahre gedauert, bis wir die Songs für „Beneath.Below.Behold“ fertig gestellt haben. Wir sind sehr anspruchsvoll, wenn es um den Songwritingprozess bzw. dessen Endergebnis geht und feilen oft lange an Ideen herum, nur um am Ende festzustellen, dass wir mit dem Resultat nicht zufrieden sind und den ganzen Entwurf verwerfen, um wieder bei null anzufangen.

Ich denke, die beste Musik ist jene, die man leicht und kompliziert schreibt. Wenn das Songwriting zur Qual wird, dann sollte man Abstand gewinnen und sich neu orientieren. Andererseits braucht manches Material auch eine gewisse Zeit, um zu reifen. Das ist ein Grund, warum wir nicht davon begeistert sind, neue Stücke umgehend im Studio aufzunehmen.

Kannst du nochmal ein wenig detaillierter auf eure Lyrics eingehen? Was entsteht zuerst? Die Musik oder der Text?

Für mich fühlt sich das Schreiben unserer Texte an, als ob ich versuchen würde, eine Karte des Universums zu erstellen, um mich darin zu positionieren. Unsere Lyrics sind sehr persönlich, einige Songs dieses Albums handeln von zwischenmenschlichen Beziehungen und familiären Problemen. Ich versuche jedoch, die Geschichten so zu gestalten, dass jeder, der sich damit beschäftigt, seine eigene Interpretation dafür finden kann. „Beneath.Below.Behold“ ist ein Werk, das heilen soll. Ein Album, auf dem Wasser und seine verschiedenen Symbole das Hauptelement sind, welches alles wieder in den Fluss bringen soll.

Die Musik und die Texte sind zwei Stücke eines Puzzles, die perfekt zusammen passen müssen. Manches Mal habe ich fertige Texte, die sich nahtlos in ein Stück einfügen und dann wieder gibt es ein musikalisches Gefüge, das mich mit seinen Vibes zum Schreiben animiert.

Beneath.Below.Behold“ wird sowohl via Ván Records als auch via Totenmusik veröffentlicht. Warum arbeitet ihr mit zwei verschiedenen Labels?

Totenmusik agiert in unserem Fall wie ein Sublabel von Ván Records, also handelt es sich streng genommen nicht wirklich um zwei verschiedene Plattenfirmen.

Habt ihr jemals daran gedacht, ein Video zu einem eurer Songs zu drehen? Wenn ja, für welche Nummer würdet ihr euch entscheiden?

Ich würde gerne ein Video zu „Beyond The Golden Light“ drehen. Ich habe bereits konkrete Ideen zur Gestaltung in meinem Kopf. Vielleicht lassen sich diese Vorstellungen in absehbarer Zeit in die Tat umsetzen.

Gibt es bereits Pläne, um „Beneath.Below.Behold“ live zu promoten? Ich würde euch gerne wieder hier in Österreich sehen!

Im Moment haben aus persönlichen Gründen keine Livegigs geplant, aber ich denke, dass wir Ende des Jahres diesbezüglich wieder aktiver sein werden.

Auf der Internetrecherche nach Information über ANTLERS bin ich immer wieder auf den Begriff „Red and Anarchist Black Metal Band“ gestoßen. Kannst Du mit dieser Bezeichnung etwas anfangen?

ANTLERS ist eine Band, die aus vier verschiedenen Individuen besteht, die alle eine unterschiedliche Weltanschauung haben. Wir sind nicht auf politischen Plattformen vertreten, sondern wir haben uns der Musik verschrieben. Aber natürlich gibt es eine gewisse gemeinsame Basis, die uns beeinflusst.

Aber „Red and Anarchist Black Metal Band“ ist mit Sicherheit nicht die richtige Bezeichnung für uns, denn wir heften uns keine wie auch immer gearteten Ideologien auf unsere Flaggen, sondern folgen nur unseren eigenen Wertevorstellungen.

Was hältst du von dem Spruch „Keep politics out of metal“?

Tja, wenn das funktionieren würde, wäre es wirklich cool. Aber was genau soll dieser Spruch aussagen? Dass man auch dann nicht reagieren sollte, wenn irgendein Arschloch rassistische Behauptungen aufstellt? Ich würde eher den Satz „Don't bring your shit to metal“ vorziehen, denn so ließen sich im Endeffekt viele politische Diskussionen ganz einfach von vorn herein vermeiden. Unterm Strich kann man das Ganze jedoch darauf reduzieren, dass man schlicht und ergreifend zu keiner Zeit wie ein Arschloch agieren sollte, egal in welchen Situationen man sich gerade befindet.

Einige von euch haben spanische Wurzeln? Hat das irgendeinen Einfluss auf eure Musik?

Pablo und ich haben einen ganz anderen musikalischen Background als M. und Mts., aber trotzdem würde ich meinen, dass dieser etwaige und durchaus mögliche Einfluss nicht gewollt ist, sondern eher unbewusst von statten geht.

Die Bandmitglieder von ANTLERS sind auch unter anderem bei I I, EVIL WARRIORS, VIDARGÄNGR oder (DOLCH) aktiv. Gibt es eine besondere Verbindung oder eine gemeinsame Vision zwischen den einzelnen Bands?

EVIL WARRIORS, I I und ANTLERS teilen sich den gleichen Proberaum, somit gibt es zwischen diesen drei Bands vielleicht mehr Gemeinsamkeiten. ANTLERS, VIDARGÄNGR und (DOLCH) sind jedoch drei komplett unterschiedliche Bands mit jeweils ganz eigenen Visionen und Vorstellungen. Ein gemeinsamer Nenner all unserer musikalischen Arbeit ist jedoch die Leidenschaft und die Intensität, mit der wir alle ans Werk gehen.

In Leipzig scheint es eine sehr großartige Szene zu geben. Ist das Phänomen neu oder war das schon immer so?

Ich kenne die Szene hier schon sehr lange und ich war immer der Meinung, dass Leipzig ein guter Platz mit einem starken Background für Musik ist. Andererseits gab es aber nie wirklich viele Bands, die mich persönlich angesprochen haben. Das hat sich in den letzten Jahren grundlegend geändert. Es gibt nun sehr beachtenswerte Musiker aus vielen verschiedenen Stilrichtungen und die Kunstszene ist generell sehr gewachsen.

Welche Ziele möchtest du persönlich als Musiker, aber auch mit der Band erreichen? Gibt es eine Art „großen Traum“ oder bist du eher der Typ, der die Dinge auf sich zukommen lässt?

Oh, ich bin eher derjenige, der sich dem Flow hingibt. Meine Ambition ist es, mein inneres Feuer niemals erlöschen zu lassen. Ich möchte immer Neues dazu lernen, hungrig bleiben. Es wäre schön, mit dieser Arbeit, in der mein Herzblut steckt, auch meine Miete bezahlen und Essen kaufen zu können. Du kannst mich jetzt als naiv bezeichnen, aber nach all diesen Jahren glaube ich noch immer daran, dass das eines Tages möglich sein wird. Ich danke, es ist großartig, wenn man träumt, solange man am Leben ist. Und wenn du dir einen Traum erfüllt hast, dann fang einfach an, den nächsten zu träumen!

Nun, in diesem Sinne wünsche ich dir und der Band das Allerbeste und möchte mich für dieses Interview bedanken.

Vielen Dank für dein Interesse an ANTLERS und das Vergnügen war ganz auf meiner Seite. Solve et Coagula!

Photo Credits: Sure Shot Worx