BOB DYLAN Rolling The Thunder Revue: The 1975 Live Recording

Sony

Ein definitives Highlight einer langen Karriere

Irgendwas klingelt das im Hinterkopf anläßlich der Veröffentlichung von “The Rolling Thunder Revue: The 1975 Live Recording”: Gab’s da nicht schon mal was? In der Tat, die Nummer 5 der “Bootleg Series” widmete sich dieser Konzertreihe, allerdings nur auf zwei CDs in eher bescheidenem Rahmen. Ist auch in den Linernotes der vorliegenden Veröffentlichung festgehalten, dass man damals “die wie wir dachten besten Performances” von diesen Shows genommen hatte, “wer an einem prägnanten Überblick dieser Ära interssiert ist ist mit “Bootleg 5” sicher gut beraten".

Aber als wahrer Fan möchte man natürlich das gesamte Konvolut sein Eigen nennen – während die oben erwähnte Version zwei Stunden Spielzeit hat kann man sich hier an mehr als 10 Stunden Musik, verteilt auf sage und schreibe 14 CDs (!) ergötzen. Begleitend dazu gibt’s nun auch Martin Scorses’s Netflix-Doku und detaillierte Infos im großartig bebilderten Booklet, mit Linernotes von Wesley Stace (aka John Wesley Harding).

Da wären mal drei Silberlinge mit spanndenden Einblicken in die Tour-Proben vom Oktober 1975, fünf komplette Shows (November und Dezember 1975) in bestechender Tonqualität auf 10 CDs und ein weiterer Tonträger mit Obskuritäten wie Publikums-Mitschnitte, einem Radio-Werbespot und einige Songs in sehr ungewöhnlichen Fassungen oder Interpretationen. In Summe sind’s satte 148 Tracks, von den gute 100 bis dato unveröffentlicht geblieben waren.

Diese Aufnahmen stammen samt und sonders vom der ersten Phase der Rolling Thunder Revue Tour, als sich Bob Dylan – noch ziemlich ausgelaugt von den Comeback-Gastspielen mit THE BAND – spontan dazu entschloß nur in kleineren Venues aufzutreten. Später waren dann wieder Stadien-Gigs angesagt, aber das ist eine andere Geschichte…

Obwohl Bob zur dieser Zeit auch aufgrund des Scheiterns seine Ehe nicht sonderlich gut drauf war schaffte er es dennoch eine Vielzahl von illustren Freunden und Kollegen für dieses Projekt zu begeistern: Natürlich war die Seelenverwandte (und Ex-Partnerin) Joan Baez mit von der Partie, ebenso BAND-Kumpel Robbie Robertson, Ex-BYRDS-Mainman Roger McGuinn und Joni Mitchell, dazu noch Alan Ginsberg, Mick Ronson, Ramblin’ Jack Elliott, Eric Andersen, T Bone Burnett, Bobby Neuwirth und Scarlett Rivera.

Bob Dylan’s Meisterwerk “Blood On The Tracks” war erst zu Jahresbeginn erschienen und die Aufnahmen für den Nachfolger waren bereits im Kasten – klar dass hier Versionen von “If You See Her Say Hello”, “Lily, Rosemary And The Jack Of Hearts” und “Tangled Up In Blue” (von “Blood”) und mit “Sarah”, “Hurricane”, “Isis”, “Joey”, “Oh Sister”, “One More Cup Of Coffee” und “Romance In Durango” der Löwenanteil der Songs von “Desire” auf der Setlist standen.

Aber da gab’s natürlich noch weit mehr: Neben Klassikern wie “Mr. Tambourine Man”, Blowin’ In The Wind”, “A-Hard Rain’s A-Gonna Fall”, “I Shall Be Released”, “The Lonesome Death Of Hattie Carol”, “Just Like A Woman”, “It’s All Over Now, Baby Blue” und “Knockin’ On Heaven’s Door” finden sich noch handverlesene Obskuritäten wie “Patty’s Gone To Laredo” und “Hollywood Angel” sowie eingestreute Covers á la “Tracks Of My Tears” (Smokey Robinson) und Woody Guthrie’s “This Land Is May Land”, das mehrmals als Zugabe – mit Baez, Mitchell und McGuinn als Sangespartner – zum Zug kam.

In Summe ist das “Rolling The Thunder Revue”-Boxset ein facettenreiches, unheimlich authentisches Zeitdokument – einige Songs sind hier mehrfach in Rehearsal- & Cocert-Versionen vertreten, meist mit deutlich divergierender Darbietung und, im Fall von “If You See Her, Say Hallo” mit komplett anderen Lyrics als die Studioversion aud “Blood On The Tracks”.

Nicht nur für eingefleischte Dylanisten, ein musikhistorischen Zeitdokument das alle Stückerln spielt!

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