MITCH RYDER Georgia Drift

Buschfunk

Hut und Sonnenbrille sitzen wie gewohnt

Sein letzter, mir bekannter Release “Blind Squirrel Finds A Nut” datiert von 2019 und ob der Tatsache, dass Mitch Ryder seine Alben über die Jahre mit schöner Regelmäßigkeit veröffentlicht hatte lag die Vermutung nahe, der mittlerweile 77-jährige hätte den längst verdienten Ruhestand angetreten.

Mitnichten! Hut und Sonnenbrille sitzen wie gewohnt und Mr. Levise Jr., so die Geburtsurkunde, hat sein ca. 30. Album am Start – bei der Vielzahl der Compilations und Live-Scheiben ist die genaue Zahl schwierig zu bestimmen.

Er debütierte 1967 dem Zeitgeist entsprechend mit den DETROIT WHEELS als zünftiger Rock’n’Roller, legte zwei Jahre später mit “The Detroit – Memphis Experiment” eine famose Soul-Scheibe vor und wanderte dann mit DETROIT – zusammen mit dem späteren Lou Reed/Alice Cooper-Klampfer Steve Hunter – in Richtung US Rock-Mainstream. Anfang der 80er signte Mitch beim Hamburger Label Line Records und veröffentlichte dort über fast 20 Jahre durchwegs mehr oder weniger geniale Scheiben, darunter auch die legendäre 12” mit “Rock And Roll/Soul Kitchen” vom unvergesslichen “Rockpalast”-Auftritt. Obwohl er unvermindert international tourt beschränkt sich sein Erfolg seit langem auf Europa, mittlerweile ist er beim deutschen Buschfunk-Label gelandet, das auch für das Konzert-Booking verantwortlich zeichnet.

Bei der eröffnenden Ballade “Jack” wirkt die Stimme etwas brüchig, ein Eindruck den man bei dem daraufolgenden Midtempo-Rocker “Hate” zwingend überdenken muss den hier zieht der Oldtimer nahezu wie gewohnt mit seinem Trademark-Timbre vom Leder. Die Ein-Wort-Songtitel setzen sich mit dem gepflegt swingenden “Beautiful” und dem Latin-Versatzstück “Naked” aus dem SANTANA-Lehrbuch fort, dass Mitch auch bei den Balladen unvermindert alle Emotions-Register zu ziehen versteht stellt er mit “Lord” nachhaltig unter Beweis. Überhaupt scheint “Georgia Drift” ein Destillat aus diversen Stilrichtungen zu sein, die den Sänger im Lauf seiner weit über 50-jährigen Karriere prägten. Das etwas irreführend betitelte “Soul” ist in Wahrheit ein prächtiger Rocker mit einem zwingenden 80er-Groove a la “Code Dancing” oder “Ain’t Nobody White” und auf dem abschließenden “Love” gibt Mitch Ryder noch mal alles – man nimmt es ihm ab wenn er spürbar melancholisch über verpasste Chancen in Beziehungen reflektiert, gleichzeitig aber aufmunternd “love is waiting for you there, you can’t find love if you don’t care” parat hat.

Ein charismatisches Alterswerk, das man nicht nur der etablierten Fangemeinde ans Herz legen sollte!

www.mitchryder.net