PRIMORDIAL

A.A. Nemtheanga, ein Mann, der viel zu sagen hat!

PRIMORDIAL veröffentlichen Ende März 2018 ihr mittlerweile neuntes Studioalbum „Exile Amongst The Ruins“ via Metal Blade Records. Das ist ein guter Grund für uns, um mit Mastermind A.A. Nemtheanga ein „Schwätzchen“ via E-Mail zu führen!

Alan, wärst Du bitte so nett und würdest die Songs Eures neuen Albums „Exile Amongst The Ruins“ für unsere Leser beschreiben? Stimmst Du zu, wenn ich behaupte, dass das neue Material ein Schritt zurück zu Euren alten Songs ist, aber gleichzeitig auch ein immenser Schritt nach vorne ist? „Exile Amongst The Ruins“ beinhaltet meiner Ansicht nach doch einige Neuerungen, die man zum Teil nicht erwartet hätte.

Tja, so genau kann ich das gar nicht beantworten. Einige Leute finden, dass das Album mehr nach Heavy Metal und damit traditioneller als die alten Songs klingt. Gleichzeitig gibt es wieder Stimmen, die der Meinung sind, dass wir einen radikalen Schritt in eine komplett neue Richtung gegangen sind. Ich denke, es ist eine Mischung aus all dem und natürlich beinhaltet „Exile Amongst The Ruins“ etliches, was klassisch für PRIMORDIAL ist. Der Sound ist vielleicht ein wenig direkter und eindringlicher, aber so exakt benennen kann ich das nicht.

Das der Promoversion beigelegte Infosheet beschreibt „Exile Amongst The Ruins“ als Mischung aus Black Metal und Keltischer Folklore. Ich gehöre zu den Leuten, die der Meinung sind, dass die Stücke wesentlich mehr traditionellen Heavy Metal beinhalten, besonders Dein sehr ausdrucksstarker Gesang hat sich in den letzten Jahren eher in diese Richtung entwickelt.

Eine Mischung aus Black Metal und Keltischer Folklore? Wirklich? So lautet die Beschreibung? Nun, das ist definitiv nicht richtig. Der Begriff „keltisch“ ist eine irreführende und leider sehr oft verwendete Bezeichnung, um PRIMORDIAL zu beschreiben. Wir beschäftigen uns in Wahrheit weder mit Mythen noch mit Folklore. Unsere Themen sind sehr real und nicht fiktiv, von Fantasy sind wir weit entfernt. Es mag klischeehaft klingen, aber nach neun Alben sind wir einfach nur PRIMORDIAL, wir haben unseren eigenen Sound geschaffen.

Ihr habt „Exile Amongst The Ruins“ in einem Studio direkt in Dublin aufgenommen, während „Where Greater Man Have Fallen“ in entspannter Atmosphäre in einer ländlichen Umgebung eingespielt wurde. Ich habe gelesen, dass es dieses Mal sehr stressig war. Hatte das einen Einfluss auf das neue Material? Wir seid Ihr mit diversen Uneinigkeiten umgegangen? Konntet Ihr am Ende des Tages bei einem oder zwei Bierchen darüber lachen?

Die Arbeiten fanden parallel zu unserem täglichen Leben statt, also hatten wir gar keine Zeit zum Relaxen oder Bier trinken (Abgesehen davon wollten wir auch nicht betrunken beim Autofahren erwischt werden!). Lass es mich so sagen: Die Aufnahmeprozess verlief sehr zweckgebunden und schnörkellos. Wir waren an den Wochenenden im Studio und viele Dinge passierten daher sehr spontan. Das mag für einige Bandmitglieder ganz gut funktionieren, doch als Sänger musst du die Stimme trainieren, dich einsingen … daher war ich mit der Situation nicht sehr glücklich. Aber das Leben ist nun einmal kein Wunschkonzert!

Die Texte auf „Exile Amongst The Ruins“ befassen sich mit dem Verlust von Spiritualität und Moral in unserer modernen Gesellschaft. Kannst Du das bitte ein wenig detaillierter erklären? Denkst Du, dass es noch einen Ausweg aus dieser Misere gibt oder bedarf es eines richtigen Knalls, um uns endlich wach zu rütteln?

Nun, manche Leute realisieren, dass es nicht mehr lange so weitergehen kann. Aber leider gibt es auch Menschen, die so einen Knall absichtlich herbei führen wollen. Die Texte befassen sich mit verschiedensten Themen, aber einige Songs handeln davon, dass die Werte der europäischen Aufklärung heute nicht mehr zählen. Wir hören nicht mehr auf unsere Vernunft, sondern bewegen uns in Richtung einer neuen Theokratie. Es geht um das Ende des klassischen Europas und auch darum, dass wir die Ursprünge aus unserer vorchristlichen Vergangenheit komplett vergessen haben. Jetzt wird unsere Welt von nicht-intellektuellen Kräften, moralischer Dekadenz und einem extremen Materialismus beherrscht. Wir befinden uns inmitten eines Übels, einer Krankheit, und glauben nicht mehr an die positiven Ideale von tausenden Jahren Menschheitsgeschichte. Unsere Gesellschaft ist im Niedergang und wir selbst sägen langsam, aber sicher an unserem eigenen Ast!

PRIMORDIAL sind schon sehr lange im Musikbusiness tätig. Was hat sich seit dem Beginn Eurer Karriere grundlegend geändert? Welchen Einfluss haben Spotify, Bandcamp oder Youtube auf die finanzielle Situation der Band? Gehe ich recht in der Annahme, dass das Band-Merchandise die letzte halbwegs verlässliche Quelle für ein gewisses Einkommen ist?

Nun, es hat sich eigentlich alles von Grund auf geändert. Eine ganze Generation von Musikern wurde belehrt, dass das, was sie über die Jahre künstlerisch erschaffen haben, auf einmal mehr oder minder gratis im Netz zu finden ist. Diesen Prozess kann man nicht mehr aufhalten oder ändern. Ich habe neun PRIMORDIAL Alben nebst anderen Veröffentlichungen auf Spotify und habe letzten Monat rund zehn Euro damit verdient. Online-Artikel berichten immer noch, dass „der Künstler“ dieses und jenes erhält, was für Pop- oder Elektronikmusik durchaus zutreffen mag. Diese Musiker bekommen dann vielleicht 100 Dollar im Monat, was in Relation natürlich auch ein Witz ist Du brauchst Millionen an Streams, um überhaupt Geld mit Musik im Internet verdienen zu können.

Von unserem Online-Streaming-Einkünften kassiert das Label einen gewissen Prozentanteil, wir selbst zahlen davon unsere Steuern und am Monatsende bleibt vielleicht ein Betrag zwischen einem und fünfzig Euro am Konto über. Streaming ist für unabhängige Künstler, die einen einzelnen Track am Computer schreiben und keine Fixkosten für Proberäume oder Reisen haben, ein durchaus passendes Medium, wenn die Songs dann Millionen mal gestreamt werden.

Für Rockmusiker und –bands ist das alles absolut beschissen. So fuck Spotify, fuck them and burn their offices to the fucking ground! Spotify verweigert den Musikern, die bandeigene Merchandise Seite mit der Bandseite auf Spotify zu verlinken. Sie machen es einfach nicht! Hier gibt es nur Links zu einem Partnerunternehmen, welches Spotify prozentuell am Umsatz beteiligt. Also bitte kauft niemals ein PRIMORDIAL T-Shirt von Spotify!

Du liegst richtig damit, dass Bands, die keine fixen Gagen für Tourneen oder Festivals ausbezahlt bekommen, mehr oder minder fahrende T-Shirt Verkäufer sind. Ich habe zu den Anfangszeiten von PRIMORDIAL auch kein Geld mit Musik verdient, aber damals hatte ich nichts zu verlieren. Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2018 und das System hat sich erneut gegen Musiker und Künstler verschworen. Es gibt keine faire Gegenleistung für das, was unsere Arbeit wert ist.

Youtube? Hier gibt es extrem komplexe Algorithmen, die entscheidend dafür sind, ob du Geld bekommst oder nicht. Als reguläre Band hast du hier kaum Chancen. Es ist allerdings traurig, dass du durchaus von deinen Youtube-Videos leben kannst, wenn du schlecht recherchierte politische Statements vom Stapel lässt oder wenn du dein Haustier auf ein Skateboard setzt und es beim Fahren filmst. Das nennt man dann wohl den Siegeszug der niederen Kultur!

Eure alte PRIMORDIAL Homepage ist nicht mehr online. Gibt es Pläne für eine neue Seite oder belasst Ihr es zukünftig dabei, auf den diversen sozialen Plattformen Eure News zu verbreiten? Magst Du es eigentlich, mit Deinen Fans via Internet zu kommunizieren oder ziehst Du persönlichen Kontakt nach einem Konzert vor?

Unsere neue Homepage ist derzeit im Entstehen. Betreffend Facebook ist anzumerken, dass die Promoter auf die Anzahl deiner Likes schauen und genau verfolgen, ob du dich ausreichend in den diversen sozialen Medien einbringst. Wenn du dies zu ihrer Zufriedenheit machst, kann es leicht sein, dass du auf Tourneen bzw. Festivals besser behandelt wirst. Und so kommt es, dass wir Männer im gesetzten Alter mit den ganzen Jungspunden auf den sozialen Plattformen mithalten müssen! Und um ehrlich zu sein, üben Facebook und Co. auf mich auch keinen Reiz mehr aus, aber bis zu einem gewissen Grad muss ich dieses Übel notwendigerweise in Kauf nehmen.

Grundsätzlich macht es mir nichts aus, mich mit Fans zu unterhalten. Allerdings kann es zeitweise sehr anstrengend sein, nach einer zweistündigen Show ein Gespräch zu führen, bei dem man sich gegenseitig ins Ohr brüllt. Des Weiteren kann ich mittlerweile mit betrunkenen Menschen nichts mehr anfangen, ich habe null Toleranz dafür.

Ihr werdet in Kürze gemeinsam mit MOONSORROW und DER WEG EINER FREIHEIT eine Headliner Tour durch Europa absolvieren. Im Gegensatz zu Euren letzten Kurztrips seid Ihr relativ lange on the road, freust Du dich darauf oder ist für Dich das Tourleben eher stressig?

Nein, für mich ist das Tourleben ganz und gar nicht stressig, ich würde gerne länger unterwegs sein, denn Liveauftritte und Reisen ist der Teil des Musikerlebens, den ich am meisten genieße. Die Zeit, wo wir nicht unterwegs sind, fühlt sich für mich manchesmal endlos an. Aber aufgrund der Tatsache, dass alle anderen Bandmitglieder fixe Jobs und Familien haben, können wir einfach nicht mehr zwanzig oder dreißig Dates hintereinander spielen. Sei es, wie es sei, wir sind keine professionelle Band, wir bekommen keine Unterstützung oder dergleichen vom irischen Staat. Wir tun, was uns möglich ist!

Weil wir gerade beim Thema Liveshows sind … Ihr habt 2013 in Abtenau bei der Sommer Sonnwend gespielt und einen Teil dieses Konzertes gibt es im Video „Wield Lightning To Split The Sun“ zu sehen. Hat Euch dieser Ort so sehr inspiriert, dass Ihr ihm ein eigenes Stück gewidmet habt?

Oh ja, die Neudegg Alm ist ein wahrlich besonderer Ort, der uns nachhaltig beeindruckt hat. Es hat sich über die Jahre ergeben, dass wir auf bzw. durch die Alm sehr viele neue Freundschaften geschlossen haben.

Gut, ich denke, ich habe genug von Deiner Zeit in Anspruch genommen. Hast Du zum Abschluss noch eine Nachricht für Eure österreichischen Fans?

See you soon … stay strong!

Selbstverständlich sehen wir uns bald, nämlich am 24.04.18 bei der HEATHEN CRUSADE Tour in der Szene Wien.

Photo Credits: Gareth Averill